Beim Thema “ökologische Nachhaltigkeit” hat der Wirtschaftsbereich Logistik Zugriff auf wichtige Stellschrauben – und nutzt diese auch. Dies verdeutlichte der 26. Handelslogistik Kongress der Bundesvereinigung Logistik (BVL), des EHI Retail Institutes, der Standardisierungsorganisation GS1 sowie des Markenverbands, der am 18. und 19. August 2020 als eine der ersten Präsenzveranstaltungen seit Ausbruch der Corona-Pandemie in Köln stattfand „Wir wollen kein grünes Chichi“, betonte beispielsweise Timothy Glaz, Leiter Corporate Affairs bei der Werner & Mertz GmbH auf dem Kongress, der seit Ausbruch . Er zeigte in seinem Vortrag, wie nachhaltige Verpackungskonzepte gestaltet werden können.
Von Recyclat bis Mehrwegverpackung: Industrie, Handel und Logistik denken um
Was wäre zum Beispiel, wenn man Produktverpackungen zum größtmöglichen Teil aus sogenannten Post-Consumer-Abfällen herstellt, wie sie sich im gelben Sack finden lassen? Dass das möglich ist, verdeutlicht Glaz am Beispiel der Verwendung von Recyclat, einem Granulat aus Kunststoffabfällen. Rein technisch sei es möglich, Verpackungen für Duschgel und Co. zu 100 Prozent aus Recyclat herzustellen. Es bleiben lediglich Mängel bei der Optik, die eine Weiterentwicklung des Verfahrens nötig machen. Zudem fordert Glaz von der Politik, die regulatorischen Hürden für die Verwendung von Altmaterialien zu senken. Regulatorisch schon geklärt und bereits im Umlauf ist dagegen das Mehrwegversandsystem der memo AG. Bereits seit 2009 optimiert der Anbieter nachhaltiger Produkte für Büro und Freizeit dieses System. Dabei erhält der Endkunde auf Wunsch eine wiederverwendbare Box als Verpackung für seine Bestellung. Diese führt er nach Entnahme des Inhalts wieder in den Kreislauf zurück. Um ökologisch besser als ein herkömmlicher Versandkarton abzuschneiden, muss eine solche Box 55 Mal im Umlauf sein.
Dass das Einsparen von Plastikverpackungen nicht nur ökologisch nachhaltig, sondern auch aus betriebswirtschaftlicher Sicht sinnvoll ist, verdeutlicht Olaf Dechow von der Otto Group. Dabei verweist er unter anderem auf die ab dem 1. Januar 2021 geltende EU-Plastikabgabe.
Von der mittleren bis zur letzten Meile: alternative Konzepte boomen
An den verschiedenen Stationen der Supply Chains sitzen Logistiker an vielen Stellschrauben für nachhaltigeres Wirtschaften – zum Beispiel auf der mittleren Meile in den Sortierzentren. Um die Auslastung der Transportfahrzeuge zu optimieren, die von dort auf die letzte Meile in die Städte und zum Endkunden geschickt werden, plädiert Andreas Marschner, Vice President EU Transportation Services bei Amazon, für Vorsortierung und gebündelte Lieferungen. Dadurch lassen sich mehrfache Transporte an nah aneinander liegende Ziele und somit auch der Verkehr in der Stadt und die CO2-Emissionen senken. Ein anderes Modell mit dem gleichen Ziel ist die Zustellung privater Paketsendungen an den Arbeitsplatz. So können Pakete gebündelt an eine Paketbox oder einen Paketkiosk am Arbeitsort geliefert werden, wo die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sie abholen, was außerdem die Belegschaft von einem Alltagsproblem entlastet. „Auf diese Weise können wir 6.000 Fahrten weniger am Tag erreichen“, sagt Björn Kleszczewski vom Düsseldorfer Unternehmen incharge. Wie so oft greifen Ökonomie und Ökologie ineinander, denn auf der letzten Meile entstehen über die Hälfte der Logistikkosten, wie Dr. Kai D. Kreisköther vom Aachener Start-up DroidDrive darlegte. „Aber gerade die urbane Logistik birgt noch viel Potenzial. Und es wäre schade, das nicht heben zu können“, betonte Prof. Dr. Wolfgang Stölzle von der Universität St. Gallen.
Gemeinsam zu mehr Nachhaltigkeit
„Nachhaltigkeit ist machbar, wenn man sich dem Thema intensiv verschreibt“, nahm Marschner von Amazon den Skeptikern den Wind aus den Segeln. Allerdings, so räumt er ein, ist Nachhaltigkeit auch ein Prozess, der nicht von heute auf morgen optimiert werden kann und der – gerade betriebswirtschaftlich – einige Zeit benötigen kann, um lukrativ zu sein. Um erfolgreich nachhaltiger werden zu können, ist es wichtig, die Möglichkeiten der Digitalisierung zu nutzen, und vor allem zusammenzuarbeiten. Kooperationen wie beispielsweise zwischen Logistikern und Verpackungsherstellern oder Herstellern und KEP-Dienstleistern, eröffnen neue, zusätzliche Möglichkeiten.
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